Könnten nicht unterschiedlicher sein
Die Hitze lag in den letzten Tagen wie eine wärmende Decke über der Stadt. Überall sieht man die Leute schwitzen und fleißig ihren Geschäften nachgehen. Die Eltern tollen mit den Kindern am Aachener Weiher und daneben gönnen sich die Bros auf Bierbänken sitzend ein kühles Kölsch in geselliger Runde und flirten mit den Ladies. Endlich Sommer. In Köln.
Ich glaube nirgendwo wird der Sommer so zelebriert wie in Köln. Ich sitze gerade an einem winzigen Tisch in der Altstadt mit ihren schmucken, rustikalen Kneipenhäuschen an der Rheinseite. An den Tischen in der leicht abklingenden Nachmittagszeit ist kein Platz mehr frei. Aus einer anderen kleinen Kölschkneipe hallt ein Bläck Fööss Lied. Man wartet, man raucht eine Zigarette um die Zeit totzuschlagen bis endlich endlich irgendjemand aufsteht und den weiteren Tag woanders plant.
Köln hat eine Menge zu bieten. Den Kilometer 689 am Tanzbrunnen. Der Tanzbrunnen selber der im Sommer großartige Konzerte präsentiert. So wie auch der Stadtgarten, der Fühlinger See und der Bleibtreu See. Köln ist bunt wie das Pride Festival und der Summerjam unter jamaikanischer Flagge.
Und irgendwo in diesem ganzen Gewusel an Menschen laufen 5 Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, gemeinsam über den Alter Markt Richtung Peters Brauhaus um sich zu stärken bevor Sie auch in diesem Jahr wieder im Senftöpfen Theater gastieren. Uwe Esser und Ulrike, ein Pfundskerl von beeindruckender Statur und seine äußerst sympathische Ehefrau, begrüßen uns am Eingang. Sie drücken und herzen uns und schenken uns ein offenes Lachen. Es sind gute Menschen, tolle Menschen. Sie tragen das Herz auf der Zunge und Sie zählen zum engeren Kreis der Räuberfreunde.
Die 5 Musiker, die unterschiedlicher nicht sein könnten, nehmen in ihrer Lieblingsecke Platz. Obwohl Sie so unterschiedlich sind wirkt das Bild so „harmonisch“. Vielleicht liegt es an der einenden Farbe schwarz in ihren Outfits, vielleicht auch an dem roten Kreuz was hier und da die T-Shirts der 5 ziert.
Vielleicht ist es aber auch das kindische Lachen und Kichern erwachsener Männer, die zwischen 36 und 63 Jahren alt bzw. jung sind, das so authentisch durch das mit hohen Decken versehene Brauhaus Restaurant hallt.
Mann, die haben Spaß. Wenn man bei diesen 5 am Tisch sitzt, meint man Sie haben alle den Schalk im Nacken. Alle. Außer Kurti. „Kurti der bleibt gleich!“ Kleiner Interner ;-))) Es ist als hätten Melissa McCarthy und Jim Carrey 5 Kinder in weitem Abstand zueinander zur Welt gebracht. Also, Melissa, zumindest. Dumme Witze und Grimassen. Das können wir. Der eine eher platt. Der andere eher durch Zweideutigkeiten brillierend. Egal wie, egal wann und wo. Für einen schelmischen Spruch muss immer Zeit sein. Immer.
Ein bisschen Wahnsinn ist wohl auch von Nöten, wenn man Mitglied einer Karnevalsband ist. Und ein bisschen Wahnsinn ist auch zwingend notwendig, wenn man sich neu erfinden will. Die Räuber haben Kölsche Musikgeschichte geschrieben und waschechte Kölsche Volkslieder geschaffen. Dat Trömmelche und Op dem Maat singt man schon im Kindergarten mit der Sozialpädagogin, äh, Kindergärtnerin und Dat es Heimat sowie Für die Iwigkeit schallt es aus jeder Fasteleer Location.
Ich bin vor 5 Jahren zu der Band gestoßen als überraschend mein Vorgänger eine Solokarriere zu bevorzugen schien. Da stand ich auf einmal. Von nix ne Ahnung. Der am schlechtesten Vorbereitete beim Vorsingen, Vorsprechen und den Meisten viel zu wild auf der Bühne.
2 Sessionen musste ich mich beweisen bevor Corona über die gesamte Eventbranche hereinbrach und alles lahmlegte. In Corona verabschiedeten sich zudem 2 Bandmitglieder. Drummer Wolfgang Bachem wurde schließlich ersetzt durch Thommy Pieper und der Bassistenposten von Geppi Gebhardt letztendlich mehr als kongenial neu besetzt durch Martin Zänder. Aber das hat Herr Dorn in seinem Blog zuvor ja schon geschrieben.
Und jetzt?
Die Frage: Wie sollte es weiter gehen war beängstigend und dennoch völlig unbegründet. Das neu formierte Räuberrudel war genau das was dieser Band gefehlt hat. Die Verjüngungskur brachte auch frische kreative Gedanken. Waren wir am Anfang noch zaghaft mit unserer Mia oder Alle für Kölle, schöpften wir bei Wigga Digga aus dem Vollen. Natürlich gab es wieder Spötter und Missgönnende die die Nummer zerrissen, aber da draußen in den Köpfen setzte sich das 4 mol und ein allerletztes erbarmungslos fest. Chapeau. Das hatten wir gebraucht. Eine Initialzündung!!! Eine klare Neuausrichtung. Mit dem Besten was die Band zu bieten hat: Dumme Witze und Grimassen, in ein knackiges Liedchen verpackt. Garniert mit ein paar Best of Jugendwörtern und Zweideutigkeiten so wie die Bandmitglieder es lieben und untereinander schätzen.
Im letzten Jahr kamen bei mehreren Events an einem bestimmten Wochenende Menschen auf uns zu und fragten nach einer Umarmung. Keine Ahnung was da los war? Eine junge Frau fragte: „Darf ich dich umarmen? Das bringt doch Glück“ Einen Auftritt später dann 2 junge Männer: „Dürfen wir dich mal feste drücken? Eine Räuberumarmung bringt doch Glück“. So im Nachhinein betrachtet kann ich mir eigentlich nur vorstellen, dass Sie das irgendwie mit dem Glück bringenden Schornsteinfeger verwechselt haben. Mir persönlich gefällt der Gedanke sehr und schließlich passt das auch zu uns . Zu den volksnahen Räubern. Also, wer will eine Umarmung?
Auch unser neues Baby Oben/Unten schickt sich an ein Publikumsliebling zu werden. Freude in den Gesichtern. Und nicht nur im Publikum, auch bei uns. Damit sind wir inzwischen ganz gut geworden. Choreos auf die Crowd zu übertragen. Den Leuten macht´s Spaß und das ist gut fürs Zusammengehörigkeitsgefühl (was ein Wort).
Die alten Räuber waren einmal. Das kann man betrauern und vermissen, aber mit den neuen Räubern kann man definitiv auch Spaß haben, auf eine abenteuerliche Reise gehen und viel Neues entdecken. Wir haben unsere roten Hosen in die Mottenkiste gepackt und die 5 die nicht unterschiedlicher sein könnten brechen auf zu neuen Ufern.
„Verzeihung, Sie haben doch eben schon bezahlt. Können wir ihren Tisch haben?“ Ich sitze immer noch in der Altstadt an meinem kleinen Tisch und eine Frau die anscheinend schon länger wartet macht ein leicht zorniges Gesicht, mit 2 schnatternden Freundinnen im Schlepptau.
Während ich aufstehe murmele ich der gestressten Frau gedankenverloren zu: „Wollen Sie eine Umarmung?“ Das hat Sie nicht gehört. Gott sei Dank. Ich laufe an der Kneipe entlang wo eben noch Bläck Fööss gespielt wurden. Jetzt läuft „Prinzessin“ von den Höhnern.
Wir könnten unterschiedlicher nicht sein –
geht es mir wieder durch den Kopf.